Die Jahre 1991 und 1992

Nach dem Zunftabend mit offizieller Eröffnung der Freiburger Fasnet 1991 brach am 16. Januar der Golfkrieg aus. Angesichts dieser Tatsache verzichteten die Narren auf die Fasnet. Die Hochburgen wie Köln, Düsseldorf oder Mainz, sagte die Umzüge ab. Die Dachorganisationen wie der BDK, der V.O.N. oder der Schwäbisch-alemannische Verband, empfahlen die „Absage“. Der große Narrentag in Lörrach, seit 2 Jahre geplant „viel ins Wasser“. „Den narren vergeht der Spaß“, „Die Fasnet findet 1991 nicht statt“ waren die Überschriften die die Tagespresse bot. Trotz der „Bomben Stimmung“ am Golf, war den Narren das lachen vergangen.

Die Fasnet fand trotzdem in „aller Stille im Saale“ statt.

Der Schmutzige Dunnschdig, die „interne Fasnetrufer-Ratsuppe“ im Großen Meyerhof aber auch der Fasnetsdienstag mit der „Mini-Verbrennung“ zeigten wie stark doch der Zusammenhalt in der Zunft war. Man lies sich nicht unterkriegen und man behielt den Humor, den die Zeit erlaubte.

Doch die Zeit ging weiter, erinnerte man sich doch ähnlicher Situationen wie dem Ungarn-Aufstand oder der Flutkatastrophe von Hamburg die den 50-er bzw. 60-er Jahre schon zu „Verschiebungen“ geführt hatten.

Die Jahreshauptversammlung brachte eine „Verjüngung“ des Narrenrates.

Alfred Kalchthaler, Herbert Walter und Rainer Graf schieden aus dem Vorstand aus und machten somit der „Jugend“ Platz. Helmut Widmann gab ebenfalls sein Wahlamt ab, bliebt jedoch Kraft Amtes als Majordomus mit Sitz und Stimme im Narrenrat.

Markus Weber wurde als neuer Vizevogt gewählt und Wolfgang Keller  übernahm das Amt des Zunftschreibers. Michael Bleiler, Peter Kalchthaler und Wolfgang Meyerspeer wurde als Narrenräte neu gewählt.

Man blickte nach vorne auf die Fasnet 1992, die das alles wieder gut machen sollte, was der Golfkrieg „verdorben“ hatte.

Nach dem 1. Mai, traf man sich erstmals zu einem „Kinderfest“ mit den Freiburger Hexen in Waltershofen. Neben einem zünftigen Fußballmatch gab es viel Belustigung für den Narrensomen und man festigte die Narrenfreundschaft mit den Hexen.

Im August musste die Zunft Fasnetrufer Nr.28, unseren „Igel“ Klaus Holzmann zu Grabe tragen.

Klaus Holzmann, der 1948 zusammen mit Hansjörg Weber zur Zunft kam, war von 1951 – 57 Mitglied des Narrenrates, Rätschentanzmeister und tanzte 15 Jahre im Ballett mit. Seit 1970, dem ersten Narrenbaum, war er zuständig den Baum auszusuchen und das Schlagen sowie das Aufstellen durchzuführen. In „typischen“ Rollen wirkte er im Klamauk mit (Little Klaus) und hinterließ eine nicht zu schließende Lücke. Die Zunft hatte einen lieben Freund verloren.

Das Spectaculum brachte „zeitgemäß“ die „Setzlingssuche“ auf die Bühne. Multikulturell stellten sich ein Albaner (Hans-Peter Widmann), ein Russe (Stefan Weber), ein Chinese (Andreas Busch), ein Italiener (Wolfgang Keller) und ein „Sachse“ (Jürgen Hack) beim „Zunftvogt“ (Markus Weber) vor. Ein „junger“ Klamauk war „geboren“.

Bis in die frühen Morgenstunden genoss man den Abend unter Freunden.

„Aktiv-passiv Humorist“ Hans Hauk feierte im Oktober seinen 50-ger und Gerhard „Clown Bobby“ Deibert wurde im November 70.

Bürgermeister Hansjörg Seeh stach am 11.11. das Bierfass an  und die Presse „verriss“ Münsternarr Markus Weber anderntags wegen „falsch interpretierten“ Äußerungen im Mottoprolog. Man tröstete in der Gewissheit, das Journalismus „nicht der Weisheit letzter Schluss“ ist.

Hinsichtlich der ausgefallenen Fasnet lautete das Motto für 1992: „Ei’mol neidappt, des war schlecht – Narri Narro un jetzt erscht recht!“.

Bevor die Fasnet richtig los ging, lud „Tante“ Lisbeth Widmann die Zunftfreunde zum runden Geburtstag (weller sage mir bei’re Frau nit) in den Keller „Zum Pilgerstab“ ein. Ein vorfastnächtliches Treffen das „Laune machte“. Leider verstarb noch vor dem Zunftabend unser Ehrenfasnetrufer Heinz Kai im Alter von 84 Jahren. Die Trauer trübte zwar etwas den „Startschuss“ am 1.2.1992, wäre aber nicht im Sinne von Heinz Kai gewesen, dessen Leidenschaft ganz dem alemannischen Brauchtum galt.

Bürgermeister Thomas Landsberg bekam die Zunftehrenmütze verliehen. Mit einer selbst angefertigten "Mütze" (statt Katzenschwanz einen Flaschenputzer) betrat er den Kolpingsaal und hatte somit schon das Eis „gebrochen“.

Die Schnitzelbank bot Topaktuelles wie der „neue Russenzar Jelzin“. Oder der in den Osten „ausgewanderte“ „Cleverle Späth“ und er Klamauk fand sich aus dem Schlossberg bei „Ausgrabungen“ ein. Gesucht wurde der „Ötzi vom Schlozi“, der sich bald als Mumie wiederfand. Ehrenmützenträger Dr. Conrad Schroeder löste Ehrenmützenträger Dr. Norbert Nothhelfer als Regierungspräsident ab und das Narrentreffen führte nach Neustadt zum 33. Geburtstag der Gägs. Als Gastgeschenk überreichte Vizevogt Markus Weber den Gägs einen Leiterwagen, den die Neustädter Narrenfreunde 1985 in Schwenningen hatten stehen lassen. Selbstverständlich war ein Fass Bier mit auf dem Wagen, denn bekanntlich haben die Gägs immer Durst.

Die Fasnet 1992 brachte den Fasnetrufern eine „hohe alemannische Ehre“ ein. Die Alemannische Bühne verlieh den Fasnetrufern die „Goldene Maske“, „in Anerkennung und Würdigung ihrer Verdienste um das alemannische Brauchtum“.

„Alemannisches Brauchtum“ war das Schlagwort. Im selben Jahr stellten die Fasnetrufer „traditionsgemäß“ am Schmutzigen Dunnschdig den Narrenbaum. Leider fehlten nun die „Stichel“ die Seilwinde und andere Utensilien. Aus Sicherheitsgründen wurde der Baum mit einem Kranwagen aufgestellt. Ein Novum in der „schwarzwälder Fasnet“; aber man konnte und kann damit Leben.

Die Fasnet verlangte jedem wieder alles ab und man gab es gern.

Zum 35. Mal jährte sich das Scheibenschlagen, dass 1957 von der Zunft in Freiburg wieder einführt wurde.

Ebenso behielt die Zunft die „alte Tradition“ des Frauenrechtes bei. Nachdem sich der Damenelferrat 1991 aufgelöst hatte, drohte diese Veranstaltung unterzugehen. Die Fasnetrufer zurrten sie mit „D’Fraue vun dene, wo in Freiburg schu immer Fasnet g’macht hen“ wieder fest. Zwar in kleinerem, dafür aber in heimeligerem Rahmen.

Am 10.3.1992 durfte Fasnetrufer Nr. 55, Schnitzelbankzeichner und Urkundenmaler Richard Fahr seinen 80. Geburtstag feiern. Die Zunft lud zu einem „Umtrunk mit Vesper“ und ehrte den Jubilar.

Zünftler Nr. 101 Günter Schrempp, der im April wieder in den Landtag gewählt worden war, durfte am 8.6.1992 seinen 50-er feiern. Im Jazzhaus-Freiburg überreichte Vize Markus Weber dem Jubilar die große Bleiglasscheibe der Zunft.

Das Spectaculum brachte beim Klamauk ein aktuelles Thema auf den Tisch; wer ist für die Zeugung und Förderung des Kindes namens „Weinfest“ verantwortlich.

Richard Fahr wurde im August mit der Landesverdienstmedaille geehrt und Zunftkassier Ernst Schüler feierte am 21.9. seinen 50-er. Die Zunft gratulierte mit einer „himmlischen Abordnung“ die beflissen war, einen neuen Kassenverwalter für die himmlische Portokasse zu finden. Petrus (Ronald Binder) und Erzengel Amadeus (Markus Weber) hatten bei der Suche genauso wenig Glück wie Judas (Peter Kalchthaler). Ein gelungener Klamauk der den Jubilar ehrte. Der Münsternarr (Markus Weber) verkündete am 11.11.1992 das Motto gestützt auf einen Stock, denn er hatte sich Wochen zuviel in der Zunftstube „beim reparieren einer Klobrille“ den Meniskus gerissen.

Das Jahr endete mit dem Abschied unseres Ehrenmützenträgers Philipp „Fips“ Ernst der am 13.12.1992 verstarb. Auch er hinterließ ein Vermächtnis, nämlich die Pflege des alemannischen Brauchtums.