Was dürfen Narren jetzt in der Fasnet aufspießen

Was dürfen Narren jetzt in der Fasnet aufspießen, und was müssen Würdenträger,
die Gegenstand närrischer Betrachtung werden, aushalten.
Bei den Freiburger Fasnetrufern kam am vergangenen Samstag ein Narrenspiel auf die Bühne,
das Oberbürgermeister Dieter Salomon erboste und zu öffentlicher Narrenschelte trieb. 
Hat er die Narren zu Recht angegriffen?
Uli Homann stellt sich dieser Frage:

Kurz zum Sachverhalt:
Vor gut eineinhalb Jahren hat sich OB Salomon von seiner Ehefrau getrennt.
Seine Büroleiterin Helga Maier wurde seine neue Lebensgefährtin.
Vorhaltungen, die neue Frau an seiner Seite könne nicht in seinem unmittelbaren Umfeld arbeiten,
schob Salomon beiseite. Und innerhalb eines Jahres wurde das Gehalt von Helga Maier
als enge Mitarbeiterin des Oberbürgermeisters zweimal angehoben.
Auf einwandfreier rechtlicher Grundlage, heißt es im Rathaus, aber auch auf eine erkleckliche Höhe.

Was machten die Narren daraus:
Sie inszenierten ein Spiel. Das närrische Personalamt der Stadt ließ verschiedene Bewerber und
Bewerberinnen antanzen. Eine Bewerbungsakte bestand aus dem Männermagazin Playboy.
Da ging es um die Bewerbung einer Frau für das OB-Büro. Ein OB-Darsteller war bereits auf der Bühne, als die Bewerberin auftrat.
Mit kurzem Rock und langen schwarzen Haaren - unschwer zu erkennen,
ein männlicher Darsteller parodierte die Lebensgefährtin von Dieter Salomon.
Der Narrenspruch dazu: Wollen Sie Sie verpackt oder nehmen Sie Sie gleich mit??
Der OB-Darsteller, der Salomon sehr ähnlich sah, nahm die Bewerberin in den Arm und schritt beglückt von dannen.
Das Publikum lachte.

Aber nicht den ganzen Abend:
Der echte Dieter Salomon, offenkundig um sich vor die im Saal anwesende
und von dem Sketch tief getroffene und innerlich erregte Lebensgefährtin zu stellen,
las den Narren auf der Bühne zum Schluss der Veranstaltung öffentlich die Leviten.
An seiner Politik könnten sie sich abarbeiten, das müsse er ertragen,
aber seine Lebensgefährtin und sein Privatleben hätten nichts zu suchen innerhalb närrischer Betrachtung.
Wenn Narretei so sexistisch daherkomme, dann werde er künftig wegbleiben.
Salomon war sichtlich genervt und gab dem ausführlich Ausdruck.
Wenig Zustimmung für ihn im Publikum,
etliche Buh-Rufe gegen den gegen die Narren wetternden Oberbürgermeister, die Stimmung war im Keller.
Dort wo zunächst mit närrischem Frohsinn die Ehrenmütze samt Katzenschwanz an die
südbadische Regierungspräsidentin überreicht worden war, zog der Katzenjammer ein.

Nun zu zwei gar nicht so närrischen Fragen:
Haben die Narren sich in unzulässiger Weise mit dem Privatleben des Oberbürgermeister-Paares beschäftigt?
Hätte der Politiker Salomon besser geschwiegen und das Narrenspiel unkommentiert hinnehmen sollen?
Dieses Narrenspiel mit der zugegeben geschmacklosen Ausstattung aus der unteren Schublade durch Playboy-Magazin und kurzen Rock?
Wer in der Öffentlichkeit steht, wer sie sucht, als Oberbürgermeister mit seiner Lebensgefährtin bei vielen repräsentativen Anlässen,
der darf sich nicht wundern, wenn er Gegenstand öffentlicher Betrachtung, beispielsweise durch Narren, wird.
Wer im Bürgermeisteramt in unmittelbarer Nähe seine Lebensgefährtin beschäftigt, der kann sich bei so viel öffentlichem
Gehalt auch nicht auf den Schutz der Privatsphäre zurückziehen - der muss die närrische Freiheit ertragen, die hier zugleich auch Meinungsfreiheit ist.

Selbstbeherrschung und Zurückhaltung, Contenance, wie es im französischen heißt, ist eine Fähigkeit, die Politiker haben müssen.
Dieter Salomon, meistens tadellos im Auftreten, kommt sie zuweilen abhanden.

Sendungs-Mitschrift SWR 4 Radio Südbaden
Uli Homann am 14. Januar um 16.45 Uhr